Die Kupfer-Glas-Migration war im ausklingenden Jahr 2024 eines der beherrschenden Themen in der regulierungspolitischen Diskussion. Es wird im kommenden Jahr noch an Gewicht gewinnen. Möglicherweise werden 2025 schon erste Abschalteverfahren eingeleitet.
Die sukzessive Abschaltung des Kupfernetzes in Gebieten, in denen echte Glasfasernetze ausgebaut worden sind, kann ein erheblich beschleunigender Faktor für den weiteren Glasfaserausbau sein. Sie macht die Auslastung der neuen Glasfaserinfrastruktur für die Unternehmen kalkulierbarer und schafft die Voraussetzungen dafür, zügig weiter zu investieren. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Migration transparent, fair und auch mit Blick auf Glasfaserausbaugebiete von Wettbewerbern diskriminierungsfrei abläuft. Da das TKG das Verfahren nur in groben Zügen regelt, ist es höchste Zeit, dass die BNetzA Regeln für die Kupferabschaltung festlegt, wie es 15 EU-Mitgliedsstaaten schon getan haben.
Mitte November hat die BNetzA im Gigabitforum in einem „3-Säulen-Modell“ erstmals ihren weiteren Fahrplan skizziert.
Die erste Säule bilden dabei Themen, die die BNetzA einem „übergeordneten Gesamtkonzept“ zuordnet und die offenbar im Wesentlichen durch die politischen Entscheidungsträger ausgestaltet werden sollen. Hierzu gehören nach Auffassung der BNetzA z.B. die Grundvoraussetzungen und-prinzipien sowie der zeitliche Ablauf der Gesamtmigration, mögliche Maßnahmen zur Stimulierung des Glasfaserausbaus und des Take-ups oder die Ausgestaltung einer diskriminierungsfreien Abschaltung.
Gegenstand der zweiten Säule sind die Punkte, die die BNetzA im Vorfeld der einzelnen Abschalteanträge der Telekom nach § 34 TKG klären muss, wie z.B. die verfügbaren Zugangsleistungen im Glasfasernetz, die zeitlichen Abläufe bis zur tatsächlichen Abschaltung in den betreffenden Gebieten oder die Tragung der Migrationskosten. Hierzu will die BNetzA voraussichtlich bis Ende des 1. Quartals 2025 „strukturierende Hinweise und Fragestellungen“ veröffentlichen, die durch die Branche kommentiert werden können. Nach Auffassung des BREKO muss vor allem hier (und nicht nur in der „politischen“ ersten Säule) die Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Abschaltung in Wettbewerberausbaugebieten geklärt werden, ohne die Abschalteanträge der Telekom nicht positiv beschieden werden sollten. Hierzu hat der BREKO bereits im April 2024 ein konkretes Konzept vorgelegt.
Die dritte Säule betrifft dann die Ausrichtung des gesamten Regulierungsrahmens auf die Migration, also die entsprechende Anpassung der bestehenden Marktanalysen, Regulierungsverfügungen, Entgeltgenehmigungen und Standardangebote.
Wichtige Aufschlüsse zur Ausgestaltung der Migration haben die drei Pilotprojekte ergeben, die im Rahmen des Gigabitforums durchgeführt wurden. Diese betrafen ausschließlich die Kupfer-Glas-Migration innerhalb der Telekom-Infrastruktur. Weitere Pilotprojekte, die auch den Wechsel auf die Glasfaserinfrastruktur alternativer Anbieter einbeziehen sollen, sind in Vorbereitung.
Im Abschlussbericht des WIK, das die Pilotprojekte begleitet hat, abrufbar unter https://www.gigabitforum.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Breitband/Gigabitforum/artikel-05a-pgpilotprojekte_h3.html?r=1, werden eine Reihe von Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen angeführt, die zu einer möglichst reibungslosen Migration beitragen sollten.
So sei es wichtig, vor Einleitung des Abschalteprozesses eine hohe Quote an „Homes Connected“ und einen hohen Grad an freiwilliger Migration zu erreichen. Das Ausbaurecht im Gebäude müsse anbieterfreundlicher ausgestaltet und der Zugang zu Eigentümerdaten erleichtert werden. Nicht nur diesbezüglich, sondern auch für die projektweise Genehmigung erforderlicher Anträge sei eine intensivere Kooperation mit den Kommunen anzustreben. Prozessual seien spezifische IT-Lösungen zu entwickeln und zu implementieren, die gebietsspezifisch eingesetzt werden können und bei denen nur FTTH-Bestellungen möglich sind. Weitere Handlungsempfehlungen betreffen u.a. die Kundenkommunikation und die Festlegung der Abschalteeinheiten.
Der Bericht macht die hohe Komplexität des Migrationsprozesses deutlich und zeigt die vielfältigen Aufgaben auf, die von den Akteuren – von der BNetzA über die Unternehmen bis zum Gesetzgeber – in 2025 zügig angegangen werden müssen.
Autor: Benedikt Kind, Leiter Recht & Regulierungsgrundsätze, BREKO