Türchen 8: Open Access – Wie funktioniert es in der Praxis?

Open Access Best Practice Beispiele

In der digitalen Ära gewinnt das Konzept des Open Access, insbesondere im Telekommunikationssektor, immer mehr an Bedeutung. Ein interessanter Ansatz ist dabei das Angebot von Open Access als Substitut eines möglichen Doppelausbaus. Hierbei müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie einen diskriminierungsfreien und offenen Netzzugang bieten, was Wettbewerber vor die Frage stellt, auf die Nutzung der Infrastruktur des bereits gebauten Glasfasernetzes zu setzen oder in einen Doppelausbau mit möglichen negativen Folgen für alle Infrastruktureigentümer zu investieren. Der genaue Umfang und Erfolg von Open Access in Deutschland ist nicht anhand veröffentlichter Zahlen überprüfbar, dennoch zeigen sich positive Best Practice Beispiele dort, wo z.B. mit standardisierten und automatisierten Prozessen Abläufe geschaffen werden, die die Transaktionskosten zwischen Infrastruktureigentümer und Diensteanbieter senken. Die Telekom hat beispielsweise mit EWE Tel, NetCologne, Westenergie Breitband, Thüringer Netkom, Netcom Kassel, Entega, VSE, R-Kom, SÜC // dacor, SWU Telnet, Stadtnetz Bamberg, Telepark Passau und M-net langfristige Wholebuy-Verträge. Daneben gibt es viele Vereinbarungen unter Beteiligung alternativer Anbieter, z.B. Vodafone / Deutsche Glasfaser, Stadtwerke Neumünster / Wemacom uvm.. Mehrere BREKO Unternehmen bieten hierfür die entsprechenden Open Access Lösungen und Plattformen an.

Auch die Bundesnetzagentur hat die wachsende Bedeutung von Open Access-Kooperationen in einem multipolaren Marktumfeld erkannt. Im Rahmen des von ihr als ständiges Format organisierten „Gigabitforums“ findet ein intensiver Austausch der Branche zu den notwendigen Rahmenbedingungen zur Förderung von Open Access statt. Wichtig für den Erfolg von Open Access ist dabei eine Standardisierung der Schnittstellen und Prozesse und – bis zu einem gewissen Grad – auch der vertraglichen Grundlagen. Dabei sollen mögliche Gestaltungsoptionen zu den wesentlichen vertraglichen Punkten im Rahmen einer eigenen Projektgruppe identifiziert werden, während der „AK S/PRI“ an einer Standardisierung der Schnittstellen und Prozesse arbeitet. Diesem Vorgehen liegt die zutreffende Erkenntnis zugrunde, dass die Entwicklung tragfähiger Rahmenbedingungen für Open Access nicht top-down über regulatorische Verpflichtungen erfolgen kann, sondern durch die Branche erarbeitet werden muss.

Zur Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses, was „Open Access“ ausmacht, hat der BREKO Ende März 2023 im Rahmen eines Positionspapiers eine Definition des Begriffs veröffentlicht. Danach lässt sich „Open Access“ beschreiben als

„Freiwillig, offen und diskriminierungsfrei gewährter Netzzugang, über den Endnutzeranschlüsse unmittelbar erreicht werden können.“

Nach dem Verständnis des BREKO ist die Freiwilligkeit des Angebots konstitutiv für „Open Access“. Zugangsangebote, die als Resultat regulatorischer Verpflichtungen gemacht werden, fallen daher nicht unter den Open Access-Begriff. Auch exklusive, nur auf bestimmte Nachfrager zugeschnittene Zugangsangebote würden nicht als „offener Zugang“ eingeordnet werden können, was nicht bedeutet, dass nicht aus ökonomischen oder prozessualen Erwägungen gewisse Mindestanforderungen gestellt werden dürfen. Da Open Access-Kooperationen vor allem den Wettbewerb im Sinne der Endkunden beleben sollen, ist es auch gerechtfertigt, den „Open Access-Begriff“ auf solche Zugangsprodukte zu beschränken, die den Zugang zum Endkunden direkt adressieren.

Was tun, um auch kleinere Stückzahlen zu vermarkten?

Ein weiteres aktuelles Thema in der Branche ist die Vermarktung kleinerer Stückzahlen aufgrund der Tatsache, dass der Ausbau in Deutschland vielfach durch regionale und lokale Akteure (Zweckverbände, Stadtwerke) erfolgt. Hier zeigt sich, dass das Angebot von Open Access als strategisches Instrument dienen kann, um regulatorischen Hürden zu begegnen. Besonders kleine lokale Projekte stehen vor der Herausforderung, ihre finanzielle und wirtschaftliche Tragfähigkeit aufrechtzuerhalten, insbesondere angesichts potenzieller Zugangsverpflichtungen. Ein gutes Instrument in diesem Fall ist die Wahl echter Handelsplattformen. Der Infrastruktureigentümer muss sich nicht selbst um die Vermarktung eines kleinen Footprints an nationale Diensteanbieter bemühen, sondern kann seine Infrastruktur über eine standardisierte IT-Plattform vermarkten und die Diensteanbieter können weiterhin eine nationale Prozess- und Produktstrategie verfolgen ohne Anpassungen an kleinere Partner vornehmen zu müssen.

Wie setzt sich der richtige Preis zusammen (Einkauf und Verkauf)?

Schließlich ist die Preisgestaltung ein zentrales Element jeder Geschäftsstrategie. Im Kontext von Open Access müssen Unternehmen freiwillig faire, angemessene und nichtdiskriminierende Preise gewährleisten. Dabei spielen Vergleichspreise eine entscheidende Rolle. Darauf basiert auch die Entscheidung der BNetzA aus dem November 2023 in einem ersten Streitfall zum Thema, die allerdings direkt nur  den Zugang zu geförderten Infrastrukturen betrifft.

Die Herausforderung besteht darin, geeignete Vergleichsgebiete mit ähnlichen Marktbedingungen zu identifizieren, um eine effektive Preisstrategie zu entwickeln. Ähnliches gilt für die Ausgestaltung der Vorleistungsprodukte, Open Access umfasst neben dem einfachen Layer 2 bzw. 3 Bitstream Access gleichsam den Zugang zu Dark Fiber und Leerrohren, wobei es außerhalb des geförderten Bereichs dem Open-Access-Anbieter überlassen bleibt, auf welchen Wertschöpfungsstufen er die Zugangsleistung anbieten möchte (Stichwort: „Freiwilligkeit“). Für das aus wirtschaftlicher Sicht sinnvollste Produkt, ein Bitstream Access sollten Anbieter anstreben, ein Angebot zu unterbreiten, dass eine Preis-Kosten-Schere vermeidet, d.h. ein Preis, bei dem der Vertrieb eines Vertragspartners und der eigene Vertrieb auf die gleiche wirtschaftliche Ausgangslage beim Einkauf der Netzvorleistungen kommen. Dies erreicht man, indem man von den Endkundenpreise die Kosten für die eigene Vertriebsebene abzieht und die Kosten für die Bereitstellung des Vorleistungsproduktes wieder dazu zählt.

Sie möchten für Ihr Unternehmen das individuelle Open Access-Geschäftsmodell ermitteln? Im Rahmen von Open Access-Workshops zeigen BREKO und SBR, wie solche diskriminierungsfreuen Vorleistungspreise berechnet werden können. Mehr dazu erfahren Sie hier:


Autoren:

Dr. Ernst-Olav Ruhle, Vorstand SBR-net Consulting AG
Benedikt Kind, Leiter Recht und Regulierungsgrundsätze, BREKO e.V.